toll: wir spielen sozialhilfe kürzen!

Am 19. Mai 2019 stimmen wir im Kanton Bern über die Revision des Sozialhilfegesetzes (SHG) ab …
Teil 4: Viel Wut, Geld und Leben.

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Wenn ich den Begriff Volksvertretung richtig interpretiere, müsste ein Parlament eigentlich die paritätische und ausgewogene Vertretung aller Gesellschaftsschichten sein.
Wie ich, haben ParlamentarierInnen einen Job auf Abruf und so finde ich wenigstens eine Gemeinsamkeit. Trotzdem frage ich mich, wie viele von Ihnen, geschätzte ParlamentarierInnen, wirklich eine Ahnung davon haben, wie es unten im Fussvolk so zu und her geht? Wie die Mühlen so mahlen, wenn ein Leben von jetzt auf sofort nicht mehr so ist, wie es war? Wie es ist, wenn man plötzlich fremd ist?

Meine ganz persönliche Erfahrung ist, dass die Meisten – ganz egal ob rechts, links, liberal, grün oder grünliberal – weder eine Ahnung davon haben, noch das Interesse dafür aufbringen wollen.
Parteistrategie, Ideologien, Lobbyismus, Selbstverwirklichung, Egoismus und berufliches Vorwärtsstrampeln kommen zuerst und dann ganz, ganz lange nichts mehr.

damit sich arbeit lohnt ...

Natürlich ist das Gleichgewicht aus den Fugen geraten. Schon lange, spätestens aber 2008, als die Finanz- und Bankenblase implodiert ist, hätte man dies merken müssen, merken sollen. Vor lauter Ideenlosigkeit, Lobbyismus, und Fraktionszwang hat man aber lieber so weiter gemacht, als sei nichts geschehen.
Das Primat der Aktienkurse und Dividendenausschüttungen ist schon lange wichtiger als das Primat der Politik. Schon so lange wichtiger als eine sozialkompetente, nachhaltig aufgestellte Arbeitswelt. Papiere und ganz dunkelbraune Zungen sind wichtiger als Wissen, Allgemeinbildung, Können und Erfahrung. Die Auslagerung von Produktion und Kundenservice, sowie Arbeit auf Abruf bestimmen die wirtschaftliche Wertschätzung eines Arbeitnehmers.
Notabene in einer Arbeitswelt, in der Roboter und Künstliche Intelligenz in einem rasanten Tempo Einzug halten.
Wie grandios recht Sie haben, liebe Frau SVP Gemeindepräsidentin und vielleicht wäre es endlich Zeit, die Löhne des Fussvolkes anzupassen. Es hat wirklich lange gedauert bis die Einsicht «Es darf doch nicht sein, dass jemand mit Sozialhilfe mehr verdient als mit Lohn für seine Arbeit» bei den so volksnahen Lobbyisten der bernischen und der schweizerischen (Volks)Wirtschaft angekommen ist.

Und wenn es dieses Mal nicht klappt, dann klappt es vielleicht, wenn Künstliche Intelligenz die Mehrheit im Parlament hat.

blosse existenz und soziales leben …
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Grundbedarf.

Das Budget, welches die JA-Sager verwenden ist einfach gigantisch. Ein wenig mehr als CHF 900.00 im Monat oder genau CHF 29.80 pro Tag für den Grundbedarf. Viel Geld, wenn man nur die nackte Zahl anschaut und sogar CHF 5.80 mehr als die Mittagsmahlzeitentschädigung, welche Ratsmitglieder für einen Sessionstag erhalten (GR-Infobroschüre; Auslagenersatz/Spesen, Art. 1238 GO, Seite 29).

Und Sie wissen sicher aus eigener Erfahrung, dass «mit diesen Kürzungen den Empfängerinnen und Empfängern nicht nur die blosse Existenz, sondern auch eine Teilnahme am sozialen Leben möglich» ist, liebe Frau BDP Grossrätin.

Da die monatlichen Ausgaben für Freizeit, Sport, Unterhaltung, Bildung mit CHF 134.30 und diejenigen für Verkehr mit CHF 50.60 im gleichen Budget budgetiert sind, kann ich mir im August spielend 2 Tagesstehplatzpässe à CHF 50.00 (Sitzplätze überschreiten das Budget) inklusive Hin-und Rückfahrt im Zug à CHF 65.00 für das Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Zug kaufen. Übernachten kann ich ja im Schlafsack und gratis irgendwo am Seeufer. So bin ich immer noch CHF 19.90 unter dem Budget und ich kann mir jeden Tag eine Bratwurst und ein alkoholfreies Bier als Verpflegung leisten.

amtssprache und grundbedarf …

Aber eigentlich geht es ja bei der Revision des Sozialhilfegesetzes gar nicht um die Sozialhilfe, sondern einmal mehr um Immigration und Überfremdung. Mit Ihrer Aussage, «die Sprache ist ein zentraler Faktor in der Integration» treffen Sie direkt mitten ins Schwarze, lieber Herr FDP Gemeinderat Ressort Soziales. Doch was Sie sicher ganz bewusst verschweigen, ist die Grundbedarfskürzung von maximal 30%, für jene, die nicht innert 6 Monaten das Niveau A1 in einer Landessprache erreicht haben.

Ausgenommen davon sind natürlich die Maurer mit blonden Haaren. Aber nur die hellhäutigen mit sauberen Kleidern und Händen. Die brauchen wir nämlich, damit wir uns einmauern können. So können dann fast alle in Sicherheit aber ohne Artenvielfalt in FREIHEIT und mit Knarre im Biotop Bern leben.

Diese Gross- und Regierungsrätliche Arroganz macht mich einfach nur noch wütend. Ich habe eine Stinkwut! Die Revision des bernischen Sozialhilfegesetzes ist menschenverachtend, asozial und steht auch im klaren Widerspruch zum so hochgelobten schweizerischen Föderalismus! Vor allem wenn man bedenkt, dass der Kanton Bern mit CHF 1’172.00 der grösste Nehmerkanton beim kantonalen Finanzausgleich ist (NZZ vom 19.6.2018).
Darum gibt es für mich am 19. Mai nur eine Antwort: NEIN!

persönliche anmerkung aus der sozialen hängematte

In den 4 Teilen von «Toll: Wir spielen Sozialhilfe kürzen!» bin ich zum Teil sehr polemisch und bin mir dessen durchaus bewusst. Falls sich jemand von mir persönlich angegriffen fühlt, möchte ich mich dafür entschuldigen. Das war nicht meine Absicht.

Ich bin aber zu enttäuscht von dem, was Sie, geschätzte PolitikerInnen, aus diesem Land gemacht haben. Wo ist die humanitäre Tradition gegen innen und aussen geblieben? Was ist aus der Sozialen Marktwirtschaft und dem «Prinzip der Freiheit auf dem Markt mit dem des sozialen Ausgleichs zu verbinden» geworden?

Ich hoffe, dass sich die Rechtskonservativen mit ihren bürgerlichen Mehrheitsbeschaffern artig für das politische Versagen bei Euch, Cüpli trinkenden, Sozialdemokraten bedankt haben. Der Klassenkampf ist schon lange vorbei. Nicht Umverteilung, sondern nachhaltiger Ausgleich ist das Zauberwort!

Ich kann mich tatsächlich beim Sozialdienst Belp abmelden und bin glücklich darüber. Dies aber ganz sicher nicht wegen all der «Anreize und der Zusammenarbeit mit den Sozialbehörden» wie Sie lieber Herr EDU Fraktionspräsident prophezeien.

Für all jene, die mir nicht glauben, lege ich gerne alles offen. Ich habe nichts zu verlieren!

Das ist der letzte Teil von «Toll: Wir spielen Sozialhilfe kürzen!»

    • Teil 1: Soziale Hängematte.
    • Teil 2: Würde, Sippenhaft und Ehrlichkeit.
    • Teil 3: Neid, Arbeit und Perspektive.

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